Gesundheitsreform: Pharma Profite Unangetastet

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Käuflicher Kanzler

(aus Junge Welt - 8.7. 2004)

Milliardenprofite der Pharmaindustrie unangetastet

Die »Gesundheitsreform« sei von allen bisher umgesetzten Elementen der »Agenda 2010« die »größte Erfolgsstory«, erklärte Karl Lauterbach, Chefberater von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Mittwoch in Berlin. Damit hat er sicherlich recht, denn in keinem Bereich der sozialen Daseinfürsorge funktioniert die direkte Umverteilung von unten nach oben zur Zeit ähnlich reibungslos. Während die gesetzlich Versicherten durch Praxisgebühren, erhöhte Zuzahlungen und komplett privat zu finanzierende Gesundheitsleistungen um mehrere Milliarden erleichtert werden, schwingen sich die großen Pharmakonzerne von einem Umsatz- und Gewinnrekord zum nächsten. Der Bundeskanzler hat nun am Mittwoch nach einer »Rotweinrunde« mit den Pharmabossen unmißverständlich klargestellt, daß das auch so bleiben wird und »Entgegenkommen« bei der Frage patentgeschützter Medikamente angekündigt.

Die im »Gesundheitsmodernisierungsgesetz« getroffene Festlegung, daß teure, patentgeschützte Medikamente ohne therapeutischen Zusatznutzen ab Januar 2005 unter die Festbetragsregelung fallen, d.h. nur noch bis zur Höhe des Preises in der Wirkung gleicher Präparate erstattet werden, sollte den Krankenkassen Einsparungen von einer Milliarde Euro pro Jahr bringen. Die kämen vermutlich schnell zusammen. Ein preiswertes Medikament gegen die Volkskrankheit Bluthochdruck beispielsweise kostet pro Jahr 33 Euro, ein vergleichbares, vermeintlich »innovatives« Mittel schlägt dagegen mit 221 Euro zu Buche. Da derartige Scheininnovationen zirka 80 Prozent aller Neuzulassungen ausmachen, ist das Argument der Unternehmen, man müsse mit den hohen Preisen die Forschungsinvestitionen refinanzieren, bereits auf den ersten Blick nicht besonders belastbar.

Das alles ist dem Kanzler natürlich wohlbekannt. Doch die Pharmalobby hat in ihm stets einen willfähigen Handlanger gehabt, wenn es um die Verteidigung ihrer Profitinteressen geht. Bereits 2001 ließ sich die Bundesregierung die geplante Einführung einer Positivliste verschreibungsfähiger Medikamente für läppische 200 Millionen Euro abkaufen. Inzwischen ist Schröder offensichtlich wesentlich billiger zu haben. Die Weichen für die erneute Profitgarantie für die Pharmalobby wurden laut Presseberichten auf einem gemeinsamen Gelage von Kanzler und Bossen im Bordelaiser Nobelweingut Chateau Lafite des Baron Rothschild bereits im März dieses Jahres gestellt. Und der ihm bei dieser Gelegenheit kredenzte 1940er Grand Cru war zwar sicherlich teuer, aber 200 Millionen Euro kostete er wohl nicht.


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